08.05.2009, 07:20
Bildgewaltig, schnelle Schnitte, Trickaufnahmen vom Feinsten, effektvolle Raumschlachten – einfach modernes Top-Kino.
So kommt er rüber der neue STAR TREK. Bildgewaltig entfaltet er seine Wirkung auf den
Zuschauer, bannt ihn und lässt ihm keine Zeit durchzuatmen.
Aber auch nur darauf beruht seine Wirkung!
Schaut man genauer auf die Handlung und die Dialoge folgt sofort Ernüchterung.
Ich habe kaum einen Film, auch nicht im B-Movie Bereich, gesehen in dem solchen pseudo-
schnoddrigen oder primitiv-dümmlich Dialoge geführt wurden wir hier. Angefangen von Kirk
über Scotty bis Chekov. Tiefste Schmiere!
VORBEMERKUNG:
Das J.J.Abrams mit seiner Zeitreise von 2387 nach 2233 diesen gesamten Zeitstrang (also
faktisch alles ST seit 1966, außer ENT) parallel „neu“ beschreiben kann, ist ein genialer,
aber durchschaubarer Schachzug.
Denn damit entledigt er sich ein für alle Male den (störenden) Canon. Wenn der ausgelöscht
ist gibt es logischerweise auch keine Canon-Verletzungen mehr.
HANDLUNG:
Kirks Geburt, jetzt effektvoll nicht etwa im schnöden Iowa, nein, mitten in einer pompösen
Raumschlacht und Vater hört das erste Schreien seines Sohnes während er sich, dem Tod
vor Augen, aufopfernd auf den Feind stürzt.
Halten wir da nicht den Atem an, greift die Hand da nicht gleich zum Taschentuch ob so
vieler Tragik und Größe??
Einen junger Spock der sich durch seine Gefühle aufgestachelt zu einer wüsten Schüler-
prügelei provozieren lässt, hätte man wohl subtiler darstellen müssen.
Eine durch diverse Trailer bekannte Autoverfolgung rasant, schick, aber mehr nicht…
Ein angetrunkener Kirk, der pöbelt, mal kurz der Angeflirteten während er verdient vermöbelt
wird, an die Brust fasst. - Toll, ganz stimmig. (Kirk mit Nasenstäbchen und zugequollenem
Gesicht war zugegeben die beste Leistung der Maske im Film).
Dann einen Tag später großkotzig: gönnerhaft sein Motorad verschenkend und dann den
entscheidenden Satz bringend: „Das schaff ich in 3 Jahren.“
Jetzt wissen wir wo der (deutsche) Spitznahme „Pille“ herkommt, eigentlich die einzige Szene im Film mit dem Ansatz von Humor, wenn nicht wieder das Wort „vollkotzen“ gefallen
wäre.
Dann noch ein bischen Unterwäscheschau mit Uhura (wobei Zoe Saldana eine absolut bild-
schübsche Frau ist !) die mich an die peinlichen Szenen von Jolene Blalock die zur Quoten-
erhöhung herhalten mussten erinnerten, um dann zum absoluten Höhepunkt der Filmszenen
zu kommen, dem Kobayashi Maru Test:
Ein apfelessender, gelangweilter, unreifer Teenie, arrogant und mit absoluter Selbstüber-
schätzung, führt die Akademielehrstuhl vor. – Und jetzt einen Torpedo je Klingonenschiff,
alles andere ist Munitionsverschwendung.
„Bum, bum, bum – so, jetzt können Sie die Evakuierung anlaufen lassen“.
Da kommt natürlich absolutes ST-Feeling hoch – bei mir kam anderes hoch…
Aber vielleicht findet der Eine oder Andere das cool??
Kirk bleibt in dieser „Form“ auch vor dem Akademie-Rat stark. Was natürlich nur konsequent
vom Drehbuchautor ist. Kann man ja als Top-Kadett, das andere sind ja bloß Flag-Offiziere..
Der gute Pille schafft es mit einer Spritztherapie Kirk auf die Enterprisezu bringen. Wenn die
eine Spritze zu viel Schweißausbruch verursacht, gibt’s eben eine Gegenspritze. Gut, die hat
zur Folge das das Sprachzentrum gelähmt wird. Gibt ne Gegenspritze, macht zwar ein bis-
schen dicke Finger, aber Schwamm drüber, gibt ja sicher auch dafür eine Gegenspritze...
Nun eben ST-Humor vom Feinsten. – Vom Feinsten?
Dann ein 17-jähriger Chekov der sich mit seinem Russisch-Akzent und Nervösität zur Clown-
Nummer mauserte.
Das Raumschiff Enterprise startet dann also 2258 (ach so, Canon gibt es ja nicht mehr) zum
Jungfernflug unter Pike zur Rettung der Vulkanischen Bundesgenossen. Pike bekommt wie
Kirks Vater 25 Jahre zuvor eine nette Einladung, versäumt es aber nicht das Flagschiff in die
Hände Commander Spocks und natürlich eines Kadetten zu legen.
Dazwischen wieder beeindruckende Aktions-Bilder (Bohrkopf, Fallschirmsprung, Kampf-szenen, Planeten-Implosion – top Tricksequenzen!).
Dann doch wieder TOS-Flaire: Ein Rotrock stirbt und Sulu darf mit einen Klapp-Säbel seine
Fechtkünste beweisen.
Schock: Die Gründungsrasse der Vulkanier verliert seinen Planeten und ist jetzt in einer
ähnlichen Situation wie die heimatlosen Menschen aus Battlestar Galactica.
Zweiter Schock: Amanda, Spocks Mutter stirbt. (Nun die „Reise nach Babel“ wird eh nie
stattfinden)
Kirk dann wohl das erste Mal ein wenig zu vorlaut (?), wird auf einen Eisplaneten kaltgestellt.
Die Landschaftsaufnahmen und die folgenden Tickszenen mit den beiden einheimischen
Lebensformen haben mich dann für Minuten für die bis dahin abgelaufenen Filmsequenzen
entschädigt. Etwas zu schnell geschnitten für mich, da Details so nicht richtig wahrnehmbar
waren. Vielleicht lag es auch daran, dass man etwas Wichtiges vorbereiten wollte:
Den Auftritt Leonard Nimoy’s.
Hier sage ich in tiefster Überzeugung: der war wahrhaft groß! Auch wenn Leonard das nicht so gerne hört, es ist die Rolle seines Lebens. Der einzige Punkt im Film mit Ruhe, Weisheit,
subtilem Humor und Charakter!
Scotty dann wieder eine Witzfigur. Kein Ingenieur und ruhiger Schotte wie JamesDoohan ihn
einst verkörpert hat. Eher ein flippiger technisch-intellektueller Spinner.
…
Und so reit sich Szene an Szene. (Da werde ich mich nicht wiederholen).
…
Dann noch einen Blick in die Kulissen der technischen Sektion der Enterprise. Irgendwie sah
das ganze wie ein (neu lakiertes) Industriegelände aus, aber dafür entschädigte uns ja
Scotty’s Rutschpatie durch das Röhrensystem.
Der anschließende Wechsel auf dem Platz in der Mitte von einem Commander an einen
Kadetten war doch grandios – oder?
Schnell noch ein Knutscher zwischen dem jungen Spock und Uhura im Turbolift. War ja
logisch, das das gebraucht wurde. Aber dann wenigstens die vornehme vulkanische Art
Persönliches nicht preis zu geben und wenn es nur der Vorname der (persönlich) Geküssten
ist.
Natürlich gibt es auch wieder eine große Schlacht und viel Kampf - viel Ehr am Ende des
Films.
Sehr spektakulär umgesetzt, ein bisschen Mission Impossible Fight – aber nicht unpas-
send, auch nicht für einen ST-Film.
Eines habe ich zugegeben nicht recht verstanden: Wenn ein Tropfen roter Materie eine
Supernova in sich zusammenfallen lässt oder einen Planeten nach innen aufsaugt, wieso verursacht die große Restmenge am Ende nur eine mittlere Explosion?
Noch einmal ein großer Spock-Auftritt von Leonard Nimoy, der wieder positivste Emotionen
bei mir auslöste!
Dann die Belohnung am Schluss:
Der Kadett Kirk wird nach nur 3 Jahren Studienzeit (nur andere brauchen ja 4 Jahre) im
Alter von 25 um 6 Grade zum Captain befördert und bekommt auf Grund seiner gezeigten
Reife und seiner bisher erbrachten hohen Lebensleistung das Kommando über das
Flagschiff der Förderation. Das ist dann die wirkliche Krönung, weil logisch und lebensnah.
FAZIT:
Ein moderner aktionsgeladener und bildgewaltiger Film der in unsere Zeit passt. Eine
abstruse Handlung die sich einem Nichttrekkie auch nach Lesen des (überteuerten) Pre-
Comic’s nicht wirklich erschließen wird. Dialoge die sich an Schnoddrigkeit und Dümmlichkeit
auch in Zukunft kaum toppen lassen.
Was immer der Rechteinhaber aus ST macht ist legitim, damit muss man sich abfinden.
Wenn es Parallelen gibt, dann die das der junge Kirk im Film eine ähnliche Selbstverliebt-
heit an den Tag legt wie die Filmemacher im Vorfeld zu ihrem Produkt.
Hauptsache irgendwie weiter reicht für mich als Anspruch für einen ST-Film nicht! Nicht
nach 43 Jahren relativer Kontinuität.
Lebt ST damit weiter? Ich weiß nicht.
Möglich das ein neues Klientel auf den (teueren) Zug aufspringt, möglich das es wie bei
Jurassik Park oder Piraten der Karibik 2…3 Fortsetzungen geben wird, bis sich auch das
ausgelutscht hat.
Die Zeit wird’s bringen. – Mir ist das dann aber egal.
Gene Roddenberry’s STAR TREK ist damit tot..
Was jetzt noch passieren kann, wäre eine Spaltung der Fan’s in zwei Lager. Aber ich denke
das man das dem profitablen Geschäft wegen bereits ins Kalkül gezogen hat.
[Bevor mich jemand zerreißen will: Das sind lediglich meine subjektiven persönlichen An-
sichten und Auffassungen. Trotz Magengrummeln und Vorahnungen die ich im Vorfeld
hatte, war ich immer fair und habe gesagt ich sehe mir den Film an und urteile dann.
Ich kann jede andere Meinung dazu akzeptieren aber ich werde sie sicherlich nicht teilen.]